TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ Samstag, 25. Juli 2020, von Mario Zenhäusern: „Zu Tode gespart ist auch gestorben“

Innsbruck (OTS) Statt endlich eine Entscheidung über die künftige strategische Ausrichtung der heimischen Landesverteidigung zu treffen, hungert die Bundesregierung das Bundesheer seit Jahren finanziell aus. Jetzt wehren sich die Offiziere.

Seit Jahrzehnten steht die Bundesregierung in Sachen Budgetierung des österreichischen Bundesheeres auf der Bremse. Der einzige ernst zu nehmende Versuch, diese Abwärtsspirale aufzuhalten, datiert aus dem Jahr 2002, als die „Kleine Koalition“ aus ÖVP und FPÖ sich zum Ankauf der Eurofighter durchrang. Ein Entschluss, der für zahllose politische und wirtschaftliche Verwicklungen sorgte und durch Nachverhandlungen zur Absurdität verkam. Von einer Luftraumüberwachung, die diesem Namen gerecht wird, kann heute nicht mehr gesprochen werden.
Dem Kaputtsparen des Bundesheeres Einhalt gebieten wollte Thomas Starlinger, Verteidigungsminister im Kabinett von Übergangs-Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein. Der Generalmajor listete im Bericht „Unser Heer 2030“ auf, woran es im Heer in erster Linie krankt: am Geld. Starlingers Fazit: Nur wenn die seit Jahren immer größer werdende Lücke zwischen den Aufgaben des österreichischen Bundesheeres und den dafür bereitgestellten Mitteln geschlossen werde, könne der Schutz der Bevölkerung weiter gewährleistet werden. Natürlich lässt sich über die Notwendigkeit eines Bundesheeres für Österreich trefflich streiten. Es gibt gute Gründe, die für eine strategische Neuausrichtung des Heeres sprechen – mit allen Konsequenzen, z. B. was die immerwährende Neutralität anbelangt. Nicht weniger gut argumentierbar ist das Festhalten an den aktuellen Strukturen. Laut Statista-Umfrage im Herbst 2019 vertrauen 70 Prozent der Menschen in Österreich dem Bundesheer. Die Bundesregierung indes bleibt dieses klare Bekenntnis seit Jahren schuldig. Die für 2020 vorgesehenen Militärausgaben in Höhe von 2,546 Milliarden Euro sind zum Sterben zu viel, aber zum Leben zu wenig. Zumal das Budget laut Finanzrahmen bis 2023 auf 2,45 Mrd. Euro (0,54 Prozent des BIP) sinken soll. Zum Vergleich: Italien gab im Vorjahr 1,4 Prozent des BIP für das Heer aus, Deutschland 1,3 Prozent.
Die heftige Kritik ranghoher Militärs aus den Bundesländern belegt die Unzufriedenheit der Truppe und ihrer Kommandanten mit dem Ist-Zustand. Die Politik muss jetzt endlich entscheiden, wie die Landesverteidigung der Zukunft ausschauen soll – konventionell wie bisher, also mit Panzern, Abfangjägern etc., oder mit neuen inhaltlichen Schwerpunkten (Cyber- beziehungsweise ABC-Abwehr, Katastrophenschutz). Diese Entscheidung ist dann konsequent umzusetzen. Dazu braucht es in erster Linie Geld. Sonst droht der Patient zu sterben, bevor die Operation begonnen hat.

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