Nationalrat fasst eine Reihe an Entschließungen in Sachen Menschenrechte

FPÖ und Team Stronach blitzen mit Forderungen gegen politischen Islam ab; Grüne fordern Abschiebestopp nach Afghanistan

Wien (PK) - Im Nationalrat wurden heute vier Entschließungen in Sachen Menschenrechte gefasst. So sprechen sich alle Parlamentsfraktionen dafür aus, die Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) gegen Christen, Jesiden und andere religiöse und ethnische Minderheiten als Völkermord einzustufen, sowie bei einer allfälligen Reform des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) auch weiterhin für das Individualbeschwerderecht einzutreten. Schließlich ist den Abgeordneten eine klischeefreie, sachliche und ausgewogene mediale Darstellung von Menschen mit Behinderung ein Anliegen. Die Parlamentsfraktionen haben sich außerdem für eine verpflichtende Bestellung eines Menschen mit Behinderung in den ORF-Publikumsrat ausgesprochen. Eingebracht wurde die Forderung von der Grünen Behindertensprecherin Helene Jarmer, die auf eine dahingehende Präzisierung im ORF-Gesetz drängt.

FPÖ und Team Stronach wollen Gesetzesänderungen zur Bekämpfung des politischen Islam

Die Freiheitlichen sowie das Team Stronach haben Entschließungen zur Bekämpfung des politischen Islam eingebracht, die im Nationalrat keine Mehrheit fanden. Die elf Forderungen der FPÖ betreffen u.a. eine umgehende Reparatur des Islamgesetzes, die Vorlage der muslimischen Glaubensgrundsätze in deutscher Sprache, eine Ausweitung des Symbole-Gesetzes, eine Präzisierung des Terrorismus- und Verhetzungsparagrafen und ein Kopftuchverbot für Mädchen in Kindergärten und Volksschulen. Zudem sollte Personen, die für den IS gekämpft haben, die österreichische Staatsbürgerschaft entzogen werden.

Der jüngste Anschlag in London, bei dem die Attentäter Berichten zufolge den Behörden bekannt waren, gebe zu bedenken, dass die Untätigkeit an mangelnden gesetzlichen Voraussetzungen liege, argumentierte Günther Kumpitsch (F). "Fakt ist, alle diese Attentäter haben den Islam als gemeinsame Religion", ihr Ziel sei, "uns zu vernichten, zu versklaven oder zu unterwandern", so der Freiheitliche. Nach den Ausführungen Kumpitschs hätten sich auch in Österreich in den vergangen Jahrzehnten radikale Strukturen des politischen Islam in Ruhe und teilweise unter dem Schutz von SPÖ und ÖVP etabliert. Zudem sei es ein offenes Geheimnis, dass der IS von anderen Staaten Unterstützung findet und mit Waffen beliefert wird. Die Folge sei, dass der Krieg weitergehe und Europa mit Terroranschlägen überzogen werde.

Wie den Freiheitlichen geht auch dem Team Stronach die österreichische Rechtsprechung zur Bekämpfung von radikalen islamistischen Strömungen zu kurz. Sie fordern, dass der politische Islam in das Verbotsgesetz aufgenommen wird. "Wenn wir den politischen Islam nicht bekämpfen, wird der friedliche Islam hier auch nicht Fuß fassen können", sagte Christoph Hagen (T).

Grüne fordern Abschiebestopp nach Afghanistan

Die Grünen setzen sich für einen sofortigen Abschiebestopp nach Afghanistan ein. Sie können angesichts des jüngsten Terroranschlags in dem Land vergangenen Mittwoch, bei dem rund 150 Menschen gestorben sind, nicht nachvollziehen, warum die Regierung behauptet, dass Kabul sicher sei. Zynischerweise habe gerade an diesem Tag eine Sammelabschiebung stattgefunden, kritisierte Alev Korun (G).

Nach Meinung Nikolaus Scheraks (N) braucht es keinen kollektiven Aufnahmestopp, mit Einzelfallprüfungen werde Österreich auch weiterhin das Auslangen finden. Allerdings sollte die Sicherheitslage in dem Land neu eingeschätzt werden.

Gegen einen Abschiebestopp wandte sich dezidiert Christoph Hagen vom Team Stronach. Die Oppositionsfraktion spricht sich hingegen dafür aus, EU-Wartecamps in Nordafrika für Menschen mit negativem Asylbescheid einzurichten. Integration gelinge nur mit Maß und Ziel, meinte er. Seine Forderung erhielt im Plenum keine ausreichende Unterstützung.

In einer weiteren abgelehnten Entschließung setzen sich die Grünen für die Aufnahme von rund 300 vom IS befreiten Mädchen und Frauen in Österreich ein. Sie fordern von Außenminister Sebastian Kurz, die Initiative der IntegrationslandesrätInnen, Mädchen und Frauen aufzunehmen, nicht zu blockieren und auf Bundesebene umzusetzen. Wenn sich die Regierung für Minderheitenschutz ausspreche und die Schreckenstaten des IS verurteile, sollte sie den schönen Worten auch Taten folgen lassen, mahnte Korun ein.

Parlamentsfraktionen einig: Erklärung von IS-Verbrechen als Völkermord

Mit der Forderung, IS-Kriegsverbrechen als Völkermord einzustufen, wird eine Resolution des Europäischen Parlaments an den UN-Sicherheitsrat aus dem Februar 2016 unterstützt. In der Entschließung werden außerdem humanitäre Korridore und Schutzzonen für Flüchtlinge gefordert.

In der Debatte wurde von Harry Buchmayr (S) das Thema Waffenlieferungen an den IS angesprochen. "Woher hat der IS die Waffen und Mittel, um ganze Staaten zu terrorisieren und die Welt, wie wir sie kennen, nachhaltig zu verändern?", stellte er die Frage in den Raum. Darauf gebe es zwar keine einfachen Antworten, meinte Buchmayr, überspitzt formuliert würden aber Waffenlieferungen der USA über den Umweg Saudi Arabiens zu einer Verlängerung des Konflikts beitragen. Der Abgeordnete stand dementsprechend dafür ein, internationale Waffenlieferanten zur Verantwortung zu ziehen.

Ähnlich rief auch Elisabeth Pfurtscheller (V) dazu auf, die Waffenlieferungen und finanzielle Unterstützung durch Erdölhandel an den IS zu stoppen. Für die grauenhaften IS-Verbrechen gegen die Menschlichkeit dürfe es keine Straffreiheit geben. "Die IS-Verantwortlichen sollen und müssen vor den Internationalen Strafgerichtshofs gebracht werden", so Pfurtscheller. Mit der Unterstützung der Resolution des Europäischen Parlaments würde sich der Druck auf die UNO erhöhen.

"Unsere Demokratie ist wehrhaft, unsere Demokratie ist stark", sagte Nurten Yilmaz (S). Jene Männer, die terroristische Attentate auf friedliche Menschen ausüben, würden ihre Ideologie als Glaube tarnen. IS-Fanatiker könnten mit westlichen Werten wie Freiheit und Frauen-, Minderheiten- oder Schwulenrechten nicht umgehen. "Diese feigen Menschen des IS werden uns nicht dazu bringen, unser Leben aus Angst zu ändern", so Yilmaz.

Angesichts der Gräueltaten der Terrorgruppe, wo vor laufenden Kameras Menschen massakriert und getötet werden, sei es wichtig, dieses Signal zu setzen, sagte Nikolaus Berlakovich (V) zur Absicht des Nationalrats, die IS-Verbrechen als Völkermord zu erklären. "Man bekommt die Bilder des Krieges durch die Medien ins Haus geliefert", sagte er, diese abscheulichen Taten müssten Konsequenzen haben.

Die Verbrechen des IS würden Europa in vielerlei Hinsicht betreffen. Einerseits durch terroristische Attentate, andererseits durch die dadurch ausgelöste Flüchtlingsbewegung, meinte Nikolaus Scherak. Er spricht sich für eine "effektive europäische Verteidigungsunion" aus. Geht es nach ihm, sollte eine gemeinsame EU-Armee geschaffen werden, die sich an friedenserhaltenden Einsätzen beteiligt.

Klares Ja für Individualbeschwerderecht im EGMR

Hinsichtlich einer möglichen Reform des EGMR haben die Abgeordneten Bedenken, dass die Rechtsprechung und der Handlungsspielraum des Gerichtshofs beschnitten werden könnten. Für die Fraktionen steht außer Zweifel, dass Individualbeschwerden nicht durch neue Zugangsbeschränkungen oder Zulässigkeitsvoraussetzungen eingeschränkt und die Unabhängigkeit des EGMR nicht in Frage gestellt werden darf.

In der Debatte wurde die Bedeutung des EGMR von Franz Kirchgatterer (S) und Harald Troch (S) betont. Die meisten Beschwerden an den Gerichtshof würden von Privatpersonen kommen, der einfache Zugang für BürgerInnen ohne Verfahrensgebühren müsse als Säule der Bürger- und Menschenrechte gewährleistet bleiben, meinte Troch.

Eine Reform dürfe keine Verwässerung oder einen Qualitätsabbau bringen, sondern vielmehr die Stärkung der humanistischen Werte zum Inhalt haben, so Kirchgatterer.

Georg Vetter (V) thematisierte zwar den "massenhaften Ansturm" auf den EGMR, das Recht auf eine Individualbeschwerde muss aber auch für ihn aufrecht bleiben. Die zunehmende Verrechtlichung der Gesellschaft führe dazu, dass es nicht nur im EGMR zu immer mehr Verfahren komme.

Nach Meinung Nikolaus Scheraks (N) sollten Reformprozesse im EGRM zwar unterstützt werden, diese dürften aber nicht zu Lasten des Individualbeschwerderechts kommen. Das sei gerade in einer Zeit wie jetzt, in der sich auch Mitgliedsstaaten des Europarats wie die Türkei zu einem totalitären Regime entwickeln würden, maßgeblich.

Klischeefreie mediale Darstellung von Menschen mit Behinderung

In einem gemeinsamen Antrag machen die Regierungsfraktionen den Nationalen Aktionsplanung 2012-2020 zum Thema und fordern die Umsetzung der darin enthaltenen Maßnahmen. Die mediale Darstellung von Menschen mit Behinderung liegt dabei besonders im Fokus. Laut Aktionsplan soll ihr Leben in all seinen Aspekten sachlich und ausgewogen dargestellt werden. Diskriminierende Begriffe wie "leidend", "an den Rollstuhl gefesselt" oder "taubstumm" sollen vermieden werden. Weitere Maßnahmen im Aktionsplan sind unter anderem die schrittweise Erhöhung von barrierefrei zugänglichen ORF-Sendungen sowie Filmförderungen über und von Menschen mit Behinderung.

"Man liest und hört immer wieder von Menschen, die an den Rollstuhl gefesselt sind. Ich bin es nicht und wenn, dann müsste man wohl die Polizei holen", leitete ÖVP-Mandatar Franz-Joseph Huainigg witzig in die ernste Diskussion ein. Es gebe viele Vorurteile und Bilder, die sich manifestiert haben, genau deshalb sei es wichtig, Bewusstsein zu schaffen. Die Initiative des Bundeskanzleramts, auf ihrer Website Informationen für JournalistInnen zur barrierefreien Kommunikation anzubieten (https://www.bundeskanzleramt.at/eu/medien-und-barrierefreiheit), sei vorbildlich. Wichtig sei ihm, dass auch der ORF mit seinem öffentlich-rechtlichen Auftrag, bewusst Maßnahmen setzt. In Richtung Untertitelung sei bereits viel passiert, man müsse allerdings weiterkommen und dies beginne damit, dass ein/e BehindertenvertreterIn im ORF selbst eine Behinderung haben sollte, so Huainigg. Auch sollten JournalistInnen mit Behinderung im ORF arbeiten. Derzeit erfülle der ORF aber nicht einmal beim Aufnahmeverfahren die Barrierefreiheitskriterien, kritisierte der Behindertensprecher der ÖVP. Bei "Licht ins Dunkel" sei nach seiner Einschätzung ebenfalls ein Paradigmenwechsel umzusetzen. All dies ist laut Huannigg eine Frage der Menschenwürde, wie sie auch in der Verfassung verankert sein muss.

Helene Jarmer (G) erinnerte sich an ihre ersten Tage im Parlament, in denen man sich fragte, ob eine Gebärdendolmetschung überhaupt möglich sei. Für transparentes Arbeiten braucht es ganz klare Maßnahmen und gesetzliche Regelungen. Menschen mit Behinderungen sollten sichtbar sein, ORF-PublikumsrätInnen mit Behinderung wären wichtig und würden zu dieser Sichtbarkeit beitragen. Zudem verstoße eine Vertretung durch eine Person ohne Behinderung gegen die UN-Behindertenrechtskonvention, begründete Jarmer ihren Vorstoß. Der von ihr dazu eingebrachte Entschließungsantrag, mit dem eine Präzisierung des ORF-Gesetzes einhergeht, wurde einstimmig angenommen. Bisher sind im ORF meist nur Menschen mit Behinderung sichtbar, die beispielsweise an Diskussionen über schwere Schicksalsschläge teilnehmen oder bei "Licht ins Dunkel", wo ihnen eine Bühne gegeben wird, so Jarmer. Es gehe aber darum, Menschen mit Behinderungen zu zeigen, wie sie ihr Leben führen, nicht erst nachdem sie etwas Schwieriges erlebt haben.

Die Bundesregierung sollte vor allem im Bereich der Bewusstseinsbildung tätig werden, betonte auch Ulrike Königsberger-Ludwig (S). Mit Formulierungen wie "an den Rollstuhl gefesselt" oder "tapfer das eigene Leben meistern" reduziere man Menschen auf ihre Behinderung, sie würden leidend oder hilfsbedürftig dargestellt. Dies entspreche nicht ihren Lebenswelten, sei diskriminierend und verhindere letztendlich ihre Inklusion, unterstrich Königsberger-Ludwig. Man müsse den Blick auf Menschen mit Behinderung verändern. In Richtung der Initiative von Helene Jarmer (G) sprach sie sich ebenfalls positiv aus, habe doch auch Bundesminister Thomas Drozda im Menschenrechtsausschuss betont, er werde sich dafür einsetzen.

Friedrich Ofenauer (V) wies seinerseits darauf hin, dass viele Maßnahmen des Nationalen Aktionsplans bereits umgesetzt wurden. Vor allem bei Medienschaffenden sei die Bewusstseinsbildung wichtig, eine ganzheitliche Darstellung, Weiterbildung und Sensibilisierung von JournalistInnen wesentlich.

Auch Petra Steger (F) sowie Rupert Doppler (o.F.) waren sich einig, dass dieser Vorstoß eine vernünftige Grundlage für die notwendige Sensibilisierung bildet, wenngleich eine Umsetzung lange auf sich warten ließ. Aus dem privaten Umfeld berichtete Doppler über die Notwendigkeit der Inklusion von Menschen mit Behinderung. Auch sind ORF-Sendungen mit Menschen mit Behinderung nach seinem Dafürhalten zu fördern. Steger wies zudem darauf hin, dass eine medial sachliche und ausgewogene Berichterstattung im ORF nur begrüßt werden könne.

Die mediale Darstellung von Menschen mit Behinderungen anhand der Sendung "Licht ins Dunkel" kritisierte auch NEOS-Mandatar Gerald Loacker. Eine ungünstige Schieflage werde suggeriert, schon alleine bei der Betitelung der Aktion. Man werde als Mensch mit Behinderung als SpendenempfängerIn und nicht als gleichberechtigt dargestellt. (Fortsetzung Nationalrat) keg/wat

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