TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Ein erster Schritt des Sebastian Kurz“, von Wolfgang Sablatnig

Ausgabe vom Dienstag, 2. April 2019

Innsbruck (OTS) Die Spende des Christchurch-Attentäters an die Identitären hat ein großes Problem der türkis-blauen Koalition sichtbar gemacht: Wer sich mit Rechtsextremen gemeinmacht, muss auch mit den Konsequenzen leben.

Die Verbindungen zwischen FPÖ und Identitären sind ausführlich beleuchtet worden: In Linz sitzt die rechtsextreme Bewegung mit Freiheitlichen unter einem Dach, in Graz ist sie bei einem FPÖ-Gemeinderat eingemietet, ein Foto von Parteichef Heinz-Christian Strache mit Identitären war gerichts­anhängig, Innenminister Herbert Kickl trat (2016, noch als Oppositionspolitiker) bei einem Kongress der „Verteidiger Europas“ auf. Strache selbst lobte noch 2016 die Identitären – auf damaliger „Bewertungsgrundlage“, wie er nun betont. Die Beteuerung Straches, dass seine Partei nichts mit dieser rechtsextremen Bewegung zu tun habe und sich überhaupt klar von diesem Gedankengut distanziere, wirkt vor diesem Hintergrund wie eine leere Pflichtübung. Warum sind es immer wieder die Freiheitlichen, in deren Internet-Foren diese „Einzelfäll­e“ auftauchen? Unterwanderung durch „Agents Provocateurs“, wie Generalsekretär Christian Hafenecker meint? Warum glauben dann ausgerechnet Mitarbeiter der FPÖ, dass rassistische Werbevideos den Parteioberen gefallen könnten?
Die Spende des Mörders von Christchurch an den Chef der Identitären hat einen Konstruktionsfehler der türkis-blauen Koalition ins Rampenlicht gerückt: Mit der FPÖ sitzt eine Partei in der Regierung, die Probleme am rechten Rand hat.
Dazu kommt: Verantwortlich für den Verfassungsschutz ist ausgerechnet Innenminister Kickl, der den rhetorischen Grenzgang am Rand des rechten Abgrunds perfektioniert hat. Auch die beiden Diens­te des Heeres sind in freiheitlicher Hand.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ändert nun seine schon fast zum koalitionären Ritual gewordene Reaktionsweise: Auf den „Einzelfall“ folgten bisher die Kritik des Kanzlers und die Abgrenzung des Vizekanzlers. Damit war die Sache erledigt – bis zum nächsten „Einzelfall“.
Jetzt drängt Kurz seinen Koalitionspartner nachdrücklich zu einer Distanzierung von den Identitären. Und er will die Berichtspflicht der Geheimdienste an Kanzler und Vize umsetzen; Kickl würde damit an Einfluss verlieren. Der Kanzler will damit Aktivität demonstrieren, so wie er schon mit der Prüfung einer Auflösung der Identitären vorgeprescht ist.
Die Ankündigungen des Kanzlers, der so auf Harmonie in der Koalition bedacht ist, sind zu begrüßen. Kurz muss sich aber im Klaren sein: Er setzt jetzt bestenfalls einen ersten Schritt. Das große Problem seiner Koalition löst er allein damit nicht.

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