Tiroler Tageszeitung, Leitartikel, Ausgabe vom 15. April 2020. Von WOLFGANG SABLATNIG. „Demokratie in Zeiten des Notstands“.

Innsbruck (OTS) Die Opposition fordert zu Recht eine Kontrolle der Corona-Hilfen durch das Parlament. Dort sitzen die von uns allen gewählten Abgeordneten, die genau dazu berufen sind. Immerhin geht es um verdammt viel Geld.

Wollen wir hoffen, dass wir von großen Rückschlägen bei der Ausbreitung der Pandemie verschont bleiben. Und wollen wir hoffen, dass das „Koste es, was es wolle“ bei der Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise zumindest die schwersten Schäden begrenzen kann.
Gehen wir davon aus, dass diese Hoffnungen sich erfüllen. Die Regierung um Sebastian Kurz und Werner Kogler wird dann mit Recht behaupten können, ihre Maßnahmen hätten das gewünschte Ziel erreicht, nämlich Österreich so gut wie möglich durch diese Krise zu bringen. Mehr ist ohnehin nicht zu erwarten.
Auf dem Prüfstand stehen aber nicht nur Gesundheit und Wirtschaft, sondern auch Demokratie und Rechtsstaat. Die Regierung hat unser aller Leben in einem Maß in die Hand genommen, wie wir es sonst nie zulassen würden. Sie gibt vor, wie wir unser Privatleben gestalten und dass die Schulen geschlossen bleiben. Sie entscheidet mit einem Federstrich über Wohl und Wehe ganzer Wirtschaftszweige.
Schnelles Handeln ist gefragt. Aber, und das sollte in einem demokratischen Rechtsstaat selbstverständlich sein: Auch in Zeiten des Corona-Notstands bleiben die Regierenden den Regierten – dem Volk, also uns allen – verantwortlich. Dies ist die Rolle der Opposition: SPÖ, FPÖ und NEOS müssen kontrollieren, was die türkis-grüne Mehrheit beschließt und vorgibt. Diese Kontrolle ist kein lästiges Zugeständnis der Regierenden, sondern unverzichtbares Element der Demokratie.
Vor diesem Hintergrund ist die Debatte über die Einrichtung eines Corona-Ausschusses des Nationalrats zu sehen. Das Angebot der Koalition, über einen derartigen Ausschuss verhandeln zu wollen, könnte diese Frage entschärfen. Die Opposition sollte im Gegenzug darüber nachdenken, auch den Beirat zu beschicken – wenn sichergestellt ist, dass sie dort nicht über Gebühr vereinnahmt wird. Der oft geforderte nationale Schul­terschluss stellt die Opposition vor die schwierige Herausforderung, die richtige Mitte zwischen Zustimmung und sachlich begründeter Kritik zu finden.
Die Regierenden und allen voran der Kanzler wiederum dürfen zwar darauf setzen, mehr Verständnis zu finden als in normalen Zeiten. Widerspruch – von der Opposition, von Experten, von Verfassungsjuristen – können sie dennoch nicht einfach vom Tisch wischen. Die Regeln von Rechtsstaat und Verfassung gelten weiter.

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