TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Tarnen, täuschen, Fieber messen“, von Peter Nindler

Ausgabe vom Samstag, 22. August 2020

Innsbruck (OTS) Geht es um den Assistenzeinsatz an den Grenzen, kommen die Landeshauptleute aus der Deckung heraus. Bei den Grund-bedürfnissen des Bundesheeres verstecken sie sich hingegen in den Stauden und sehen zu, wie es finanziell ausgehungert wird.

Ertönt der Große Österreichische Zapfenstreich am Nationalfeiertag, steht die Politik stets mit großem Pathos in der ersten Reihe. Dann taucht sie wieder unter und lässt das Bundesheer in einem nicht verfassungskonformen Zustand weiter vor sich hin darben. Experten-Verteidigungsminister Thomas Starlinger hatte im Vorjahr auf einen Investitionsrückstau bei Ausrüstung, Gerät oder Personal von 16,2 Milliarden Euro hingewiesen. Auf ihn trifft die Bezeichnung „Fachmann“ im Gegensatz zu seiner Nachfolgerin Klaudia Tanner (ÖVP) nicht nur wegen seiner damaligen Funktion in der Übergangsregierung von Brigitte Bierlein wirklich zu. Finanziell ist jedoch keine Besserung in Sicht, vielmehr hat Heeresministerin Tanner innerhalb weniger Monate mit ihren unausgegorenen Reformplänen für noch mehr Verunsicherung und Verwirrung gesorgt.
Aber zuletzt prallte selbst der Aufschrei hochrangiger Offiziere zwischen Bodensee und Wien an der Verteidigungslinie der Politik ab. Einmal mehr. Zwar wurde wie immer hochtrabend gefloskelt („Wir brauchen ein einsatzfähiges Heer“), doch am liebsten verstecken sich die türkis-grünen Politgrößen und die Landeshauptleute in den Stauden. Schließlich ist Tarnen und Täuschen ihre wirksamste politische Waffe. Da verhält sich Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) nicht anders als sein Kärntner Kollege Peter Kaiser (SPÖ).
Doch urplötzlich kommen sie aus der Deckung heraus: Platter fordert 120 Soldaten für Gesundheitskontrollen an der Grenze, sein Kärntner Kollege Peter Kaiser (SPÖ) 40. Für den Assistenzeinsatz müssen also wieder die Soldaten herhalten und rasch mit dem Fiebermesser ausrücken. Ansonsten schert sich niemand um ein funktionstüchtiges Heer. Wohl wissend, dass die Hilfestellung für das Gesundheits- bzw. Innenministerium nicht zu den primären Aufgaben des Bundesheeres zählt. Andererseits wäre sie kein Problem, wenn es generell eine finanzielle Wertschätzung für die in der Verfassung verankerte Landesverteidigung gäbe.
Für landesweite Übungen werden Militärfahrzeuge aus ganz Österreich zusammengestoppelt, die Miliz muss dafür sogar betteln gehen. Die seit Jahren versprochene Pionierkompanie in Land­eck liegt auf Eis, von einer Anhebung des Heeresbudgets auf 3,1 Milliarden Euro ist schon längst keine Rede mehr. Werden jetzt Fiebermessen und Pistenbrettln in Kitzbühel zur allgemeinen österreichischen Verteidigungsdoktrin erhoben, dann hat die Politik das Bundesheer allerdings endgültig abgewirtschaftet.

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