TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: „Von wegen ausgedämpft“, von Cornelia Ritzer

Ausgabe vom Freitag, 13. September 2019

Innsbruck (OTS) Das Rauchverbot in der Gastronomie ist noch nicht in Kraft, schon wird daran gerüttelt. Wirte von Nachtlokalen fühlen sich überrollt und fordern eine Sonderregelung. Die Nationalratswahl verleiht ihrer Forderung Gewicht.

Ab 1. November gilt in Österreich das generelle Rauchverbot in der Gastronomie. Jahrzehntelang wurde um ein Gesetz gerungen, das Nichtraucher vor und hinter dem Tresen schützen soll. Erst das Platzen der türkis-blauen Koalition – die ein bereits beschlossenes Rauchverbot zurückgenommen hat – machte die Zustimmung der ÖVP und damit den Beschluss möglich. Bereits in sieben Wochen soll es per Gesetz nicht mehr erlaubt sein, in Lokalen, Bars und Restaurants zu rauchen. Ein Erfolg auch für jene 881.692 Personen, die das „Don’t Smoke“-Volksbegehren unterschrieben haben. Trotzdem wollen nicht alle unter das Thema einen Schlussstrich ziehen. Die Wirtschaftskammer möchte nun für manche Gastronomie-Betriebe eine Sonderregelung erkämpfen.
Es ist plausibel, dass eine Interessenvertretung Anstrengungen für ihre Mitglieder unternimmt. Dass sie ihre Arbeit macht. Auch wenn das sehr spät passiert. Dass nun nachverhandelt wird, ist wohl auch dem Wahlkampf und dem Buhlen um Wählerstimmen geschuldet. Und man muss fragen, warum ein fairer Kompromiss zwischen den legitimen Interessen der Gastronomen und den Wünschen der Anrainer nicht rechtzeitig gefunden wurde. Schließlich liegen die Argumente in der emotional geführten Debatte seit Langem auf dem Tisch.
Die Wirte werfen der Politik vor, die Alltagstauglichkeit des Gesetzes – absichtlich oder unabsichtlich – übersehen zu haben. Raucher, die sich im Lokal keine Zigarette mehr anzünden dürfen, müssen demnächst vor die Türe gehen. Das kennt man aus Italien oder Großbritannien. Was andernorts funktioniert, könne nicht einfach auf Österreich umgemünzt werden, heißt es. Das Stichwort Anrainerschutz wurde zum Reizwort für die Gastronomen. Der Schutz der Menschen, die über oder neben einer Bar leben und in Ruhe schlafen wollen, sei in Österreich vergleichsweise hoch, lautet die Argumentation, die Rechte der Anrainer damit stark im Vordergrund.
Das Lärmproblem wird für Anrainer zur Belastungsprobe, für die in der Nacht geöffneten Betriebe zur Existenzfrage. Österreich gehört beim Nichtraucherschutz zu den Nachzüglern in Europa, ein Rauchverbot in der Gastronomie war überfällig und steht für eine moderne Gesellschaft, die Kunden und Arbeitnehmer vor Passivrauch schützt. Nun soll eine Regelung, die noch nicht in Kraft ist, aufgeweicht werden. Die Sicherheit, dass ein gutes und klares Gesetz beschlossen wurde, ist verloren.

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