Tiroler Tageszeitung, Ausgabe vom 2. Februar 2018; Leitartikel von Karin Leitner: „Aussitzen funktioniert nicht mehr“

Innsbruck (OTS) - Die oppositionellen Verhaltensmuster funktionieren nicht mehr. Als Mitregent muss Strache handeln. Einen zweiten Fall Landbauer beim Koalitionspartner kann sich auch ÖVP-Kanzler Kurz nicht leisten.

Vier Tage hat es gedauert, bis es jene Konsequenz gibt, die es geben muss. Udo Landbauer ist FPÖ-Geschichte. Er wird weder Landesrat in Niederösterreich noch Klubchef der dortigen Blauen. Den Stadtratsposten in Wiener Neustadt gibt er auf.
Bis vor Kurzem hat Parteichef Heinz-Christian Strache jenen Mann, den die NS-Liedgut-Affäre unter Druck gebracht hat, noch verteidigt; nichts zuschulden kommen habe sich dieser lassen.
Wären die Freiheitlichen im Bund noch in Opposition, zöge Landbauer wohl in die Landesregierung ein. Bis dato haben sie jede Verbalwiderwärtigkeit eines Gesinnungsfreunds als „Einzelfall“ abgetan; „Schmutzkübelkampagnen“ wurden diagnostiziert. Landbauer und Generalsekretär Harald Vilimsky tun das auch jetzt („Opfer einer politischen und medialen Hetze“). Strache, mittlerweile Vizekanzler, ist aber bewusst, dass er in seiner neuen Funktion mit derlei Märtyrer-Gehabe nicht mehr durchkommt. Noch viel mehr ist seine Truppe im Fokus, auch international. Als einer, der es besser kann als die einstige FPÖ-Regierungsmannschaft, als Reformeifriger will er in die Annalen eingehen; da kommen Landbauereien nicht zupass. Aussitzen funktioniert nicht. Die Roten haben die Strache ebenfalls unter Zugzwang gebracht – indem sie, kaum dass publik war, dass einer ihrer Funktionäre das Burschenschafterliedbuch illustriert hat, diesen aus der Partei verbannten.
Auch ungewohnte Worte hat es dieser Tage von Blauen gegeben. „Antisemitismus, Totalitarismus, Rassismus, das ist ein Widerspruch zum burschenschaftlerischen Gedanken“, rief Strache den Schmissigen beim Akademikerball zu. Sein Vize Manfred Haimbuchner befand: „Das Allerwichtigste ist, dass jene, die sich nicht zu einem freien, demokratischen Österreich bekennen, die ein Problem mit dem Antisemitismus haben, auch aus der Partei auszuscheiden haben.“ Eine Historikerkommission wird eingesetzt, die die Korporationsszene untersucht. Eine Alibi-Aktion darf das nicht sein; keine Art Arbeitskreis, der dahinwerkelt – hoffen­d, dass die Sache vergessen wird. Vor allem in Sebastian Kurz’ Interesse muss sein, dass Strache nicht nur redet, sondern auch abseits von Landbauer handelt, Ewiggestrige in den Reihen nicht mehr duldet. Einen zweiten solchen Fall beim Koalitionspartner kann sich der Kanzler, dessen Land bald den EU-Vorsitz hat, politisch nicht leiste­n. Braunes bei den Blauen befleckt auch die Türkisen.

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